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Montag, 18. Dezember 2017

Con muuucho gusto! - 4 Wochen Kolumbien


Liebe Leser, an dieser Stelle erstmal ein herzliches Dankeschön für über 10.000 Aufrufe unseres Blogs! Wir freuen uns, dass ihr auch nach so langer Zeit noch dabei seid!







Am Flughafen in Bogota angekommen warteten wir knappe 15 Minuten, bis wir Sandra und ihre Schwester Christina im Terminal trafen. Perfektes Timing also. Wir kennen die beiden aus München und hatten uns schon tierisch auf ein Wiedersehen gefreut. Sie haben kolumbianische Wurzeln, waren auf Familienbesuch im Land und flogen extra 2 Tage eher von der Küste zurück nach Bogota, um sich noch einmal mit uns zu treffen. Dass wir uns auf der Weltreise abpassen, war bis zu unserer Abreise aus Australien noch nicht klar – umso besser, dass es doch noch geklappt hat! Angi und Tommy sollten für ihren 3-wöchigen Urlaub erst 3 Tage später zu uns stoßen.

Wir quetschten uns zu viert mit Gepäck in ein Mini-Taxi - mir ist nach wie vor schleierhaft, wie wir das geschafft haben. Das Gepäck bis auf Augenhöhe gestapelt ging es zur Wohnung von Sandras Cousins. Hier konnten wir die nächsten Nächte in einem luxuriösen Appartement mit eigenem Zimmer/Bad verbringen, welches für die beiden zum Studieren in Bogota gekauft worden war. Wir machten Bekanntschaft mit Ernie (Cousin) und Rufo - einem kleinen, teddybärartigen Hund, den selbst Steffi einfach lieb haben musste. Bei einem Drink saßen wir erst einmal eine Weile zusammen und brachten uns auf den neuesten Stand. Bei dem ersten Wiedersehen nach 2 Jahren gab es definitiv einiges zu erzählen. Danach trafen wir uns noch gemeinsam mit ein paar Freunden der beiden in einer schönen Bar, tranken, aßen Häppchen und spürten das erste Mal seit einigen Wochen wieder, wie kühl eine Nacht werden kann. Bogota liegt auf einer Höhe von 2640 Metern über dem Meeresspiegel, das erklärt einiges.

Rufo der kleine, süße Frechdachs



Am nächsten Tag schauten wir uns mit unseren local Guides Sandra und Christina einige Sehenswürdigkeiten in der Stadt an. Mit der Standseilbahn fuhren wir hinauf auf den Cerro de Monserrate (3152m), wo wir uns einen Markt und die hübsche Kirche anschauten. Das Treppensteigen war in dieser Höhe tatsächlich schon besonders anstrengend, man kam sehr leicht außer Puste. Nach der Anstrengung gönnten wir uns erstmal einen Koka-Tee, der in Kolumbien überall legal erworben werden kann und der gegen die Symptome der Höhenkrankheit helfen soll. Wir spürten keinen besonderen Effekt, aber wahrscheinlich müsste man sich auch einige Liter genehmigen, bevor wirklich etwas passieren würde. Lecker und billig war er allemal.


Mit Christina und Sandra auf dem Cerro de Monserrate







Mittagessen gab es für uns im Crepes & Waffles, einer kolumbianischen Fast-Food-Kette. Alles war unglaublich lecker und wir aßen, bis es uns fast wieder zu den Ohren heraus kam. Hätten wir Geld, würden wir einige Filialen dieser Kette in Deutschland eröffnen, das Konzept gibt es so unseres Wissens nach noch nicht in der Heimat. Da Geld nach 2 Jahren Weltreise allerdings ein knappes Gut ist, lohnt es sich aktuell allerdings auch nicht, hier noch tiefer zu bohren J
Crepes & Waffles war ursprünglich ein Start-up einiger Studenten aus Bogota. Ziel war es, trotz eines recht großen Menüs immer alle Zutaten vorrätig zu haben – sprich: stabilere Lieferketten aufzubauen. Klingt für uns mehr oder weniger selbstverständlich, war es zur Zeit der Gründung des Unternehmens 1980 in Kolumbien allerdings nicht. In vielen Restaurants waren immer einige Gerichte des Menüs ausverkauft, das wollte man nun besser machen. Zudem stellte man vorrangig alleinerziehende Mütter ein. Der erste Laden lief so gut, dass schnell weitere Filialen eröffnet wurden. Mittlerweile gibt es in Kolumbien 84 Restaurants, sodass wir uns schon an diesem Tag vornahmen, noch mindestens einem dieser Läden einen Besuch abzustatten.
Wir spazierten durch die schöne Altstadt Bogotas, besorgten uns einen kolumbianische SIM-Karte und auf einem kleinen Markt noch ein paar Geschenke für unsere Daheimgebliebenen. und schauten eine lautstarke Protestveranstaltung von Studenten gegen die Unterfinanzierung des Bildungssystems an. Zurück im Appartement schlief Steffi schnell ein, während Sandra, Ernie und ich noch ein bisschen quatschten.

Esel mitten in der Stadt


Die historischen Gebäude sind mit Netzen vor Farbbomben der Demonstranten geschützt


Heisser Zuckerrohrsaft mit Käse- eine Spezialität aber Geschmackssache


Am 13.10. trafen wir uns mit Sandra, Christina und einigen Freunden zum Mittagessen in einem kleinen, vegetarischen Restaurant – sehr lecker! Die anderen machten sich im Anschluss ans gemeinsame Shopping für die im kommenden Jahr anstehende Hochzeit von Christina. Steffi und ich durchstreiften in der Zwischenzeit das Viertel „La Candelaria“ zu Fuß, besuchten eine wirklich abgefahrene Bibliothek und schauten uns anschließend das Goldmuseum an. An einem Straßenstand wurden wir von einem älteren Herren auf unsere Herkunft angesprochen. Er war völlig begeistert, dass Touristen sein Land besuchen, wünschte uns alles, alles Gute und verabschiedete uns mit den Worten "Welcome to Colombia!". Mit dem Uber fuhren wir zurück zur Unterkunft, wo Angi und Tommy eine halbe Stunde später auch ankamen. Da ich an diesem Tag noch beim Friseur war, und mir die Seiten wieder auf 3 Milimeter Länge abschneiden ließ, war Angi´s erster Kommentar an der Tür: „Oh Gott, Basti, siehst du krass aus!“  Ich habe das positiv aufgefasst, aber eine Deutung bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Die beiden waren nach dem langen Flug über Madrid ziemlich müde. Trotzdem entschlossen wir uns, gemeinsam Ernies Geburtstag zu feiern und fuhren in eine Bar. Nachdem dort die ersten Runden Aguardiente (kolumbianischer Nationalschnaps mit Anis, auf Deutsch „Feuerwasser“) geflossen waren, verabschiedeten sich Tommy und Angi. Wir gingen mit dem Rest der Gruppe noch in einen nahegelegenen Club, tranken noch mehr Aguardiente (obwohl ich Anis-Schnaps wirklich nicht ausstehen kann) und verkleideten uns mit Accessoires, die ein lustiger, freakiger Franzose im Gepäck hatte. Zu späterer Stunde ging es dann nachhause.


Die engen Gassen der Candelaria

Die für uns coolste Bibliothek der Welt

Wilde Party-Nacht in Bogota


Am nächsten Tag bereitete uns die Haushälterin der Familie wie auch schon am Vortag unser Frühstück zu. Für uns fühlte es sich eigenartig an, wie in einem Restaurant bedient zu werden. In Kolumbien ist es allerdings nicht ungewöhnlich, dass wohlhabendere Familien eine Haushaltshilfe beschäftigen. Anschließend holten Tommy und ich den Mietwagen ab, mit dem wir in der folgenden Woche bis nach Medellin fahren wollten. Meine schlechten Spanisch-Kenntnisse reichten aus, um die Formalitäten zu regeln und wir konnten uns in unseren fast brandneuen Renault Logan (hierzulande Dacia) mit roten Außenspiegeln (!) setzen. Zurück am Quartier luden wir unser Gepäck ein und verabschiedeten uns von Sandra und ihrer Familie. Sandra und Christina sollten am Abend wieder in Richtung Deutschland abheben.  Wir konnten erstaunlicherweise einen Großteil unseres Gepäcks im Kofferraum unterbringen und fuhren letztendlich gegen Mittag los. Viele Leute hatten uns vorher davor gewarnt, einen Mietwagen in Kolumbien auszuleihen. Die Straßen wären unterirdisch, der Verkehr völlig verrückt. Wir freuten uns auf ein bisschen Abenteuer und verbrachten die ersten 2,5 Stunden erstmal im Stau, bis wir den Großraum Bogota hinter uns ließen. Nach einem Basis-Einkauf in einem großen Supermarkt wurde es dann auch schon fast dunkel. Tagesziel war Salento in der sogenannten Zona Cafetera, unser Ausgangspunkt für die kommenden Tage. Etwas über 300 Kilometer, für die wir im Endeffekt  fast 10 Stunden brauchten. Die Straße schlängelte sich von 600 auf fast 4000 Meter in Serpentinen die Anden hinauf und auf der anderen Seite in Richtung Armenia wieder herunter. Eine unendliche  Anzahl an LKW´s quälte sich über den Pass, sodass wir teilweise im Nebel mit Sichtweiten unter 10 Meter mit Stop & Go auf 3500 Metern unterwegs waren. Anstrengend war´s, und letztendlich rundete die Google-Navigation die Fahrt noch mit einer falschen Routenführung ab. Wir fuhren die laut Navi letzten Kilometer bis zum Ziel, wobei die Straße zu einer Schotterpiste und diese wiederum zu einem schlammigen, halb zugewachsenen Weg wurde, der nach einigen Kilometern an einem kleinen Bachlauf endete. Hier existierte vor langer, langer Zeit wohl einmal eine Brücke, von der mittlerweile aber nichts mehr zu sehen war. Also zurück zur Hauptstraße und von der anderen Seite des Tals zu dem Punkt, an dem laut Booking.com unsere Unterkunft liegen sollte. Dort befand sich dann aber nichts außer Wald. Auf Nachfrage in einem nahegelegenen Hostel bekamen wir den entscheidenden Tipp, der uns in die richtige Richtung führte.
Die Besitzer unseres B&B´s, zwei ältere Männer, begrüßten uns überschwänglich auf Spanisch (Englisch: Fehlanzeige) und zeigten uns unsere Blockhütte, die für die nächsten 3 Nächte unser Zuhause sein sollte. Die Hütte war rustikal aber sauber. Dass eine große, schwarze Spinne an der Wand saß, stieß Steffi ein wenig sauer auf aber sie fand sich damit ab und wir bezogen Quartier. Da die Unterkunft in einem kleinen Flusstal außerhalb der Stadt lag, gab es im Umkreis keine Möglichkeit, noch irgendwo Abendbrot zu essen. Unsere beiden Chefs erkannten schnell, dass wir Hunger hatten und bereiteten uns Rührei mit Arepa (meist sehr geschmackloser Fladen aus Maismehl und Wasser) und leckerem Queso Costeno zu. Von der Landschaft hatten wir am Abend durch unsere späte Ankunft noch nicht viel wahrnehmen können.

Umso schöner war es, am nächsten Morgen die Fensterläden zu öffnen und den Blick auf den Fluss bei strahlend blauem Himmel zu genießen. Die Umgebung war herrlich. Auf den umliegenden Hügeln wurde Kaffee angebaut und der Fluss schlängelte sich malerisch durch das kleine Tal.

Den nächsten Morgen starteten wir mit der Besichtigung der nahegelegenen Kaffee-Plantage El Ocaso. Nach einem 15-minütigen Spaziergang über den Fluss und hinauf auf die Hügel erreichten wir die hübsche Farm und kauften uns Tickets für die 1,5-stündige Tour. Unser Guide Sebastian war sehr witzig (scheint am Namen zu liegen) und erzählte uns viele interessante Geschichten rund um den Kaffee-Anbau in Kolumbien. Wir pflückten selber einige Kaffee-Kirschen, die jeweils 2 Bohnen enthalten. Die reifen Bohnen flutschten praktisch von selbst aus der Schale und hatten beim Lutschen einen süßlichen Geschmack.








 Zum Abschluss konnten wir Kaffee direkt von der Plantage verkosten.




Wir liefen zurück zum Hostel, schwangen unsere Hintern in den Dacia und düsten direkt ins nahegelegene Salento. Auf dem Weg dorthin standen wir erst einmal im Stau auf einer kleinen Überlandstraße, da wir mittlerweile in einem langen Wochenende angekommen waren und kolumbianische Familien die Gegend buchstäblich stürmten. Nach einigem Warten ergatterten wir einen Parkplatz im Ort und erkundeten das Städtchen zu Fuß. Salento präsentierte sich schick zurechtgemacht bei schönstem Sonnenschein. Überall gab es tolle Häuserfassaden in den unterschiedlichsten Farben zu sehen. 


Wir aßen in einem kleinen Restaurant das leckere Mittagsmenü mit Vorsuppe, Dessert und Getränk für 4 €. Tommy und Angi konnten nicht widerstehen und kauften noch ein Glas ultrascharfes Chili-Pulver für daheim.
Einen Abstecher ins Valle de Cocora beendeten wir nach einigen Fotos und einem kurzen Spaziergang, da Angi´s Fuß zu schmerzen begann. Die Gute war 1,5 Wochen vor der Abreise beim Bouldern in München böse umgeknickt und hatte sich einen Bänderriss zugezogen. Macht man ja auch nicht vor dem Urlaub, sowas, Angi! Aus diesem Grund hatten sie auch ihre Krücke aus Deutschland mitgebracht. Wir entschlossen uns, am nächsten Tag noch einmal wieder zu kommen. Man konnte sich Pferde ausleihen und den Wanderweg entlang reiten. Das war dann die sinnvollere Variante für die unsere gehbehinderte Freundin. Wir gönnten uns noch einen Cocktail und ein wenig Fingerfood in Salento, bevor wir den Abend bei Billard, Tischtennis und Chico (einem witzigen Wurf-Spiel) ausklingen ließen.

Am nächsten Tag ging es wie geplant noch einmal ins Valle de Cocora, das berühmt für seine Wachspalmen ist. Diese größte aller Palmenarten kann bis zu 50 Meter hoch werden. An einem langen, dünnen Stamm hängen kurioserweise nur ziemlich kleine Palmenwedel. Das Ganze sieht ziemlich unproportional aus, ergibt aber in der bergigen Umgebung ein wirklich besonderes Motiv.






 Angi lieh sich für unsere Tour in das Tal ein Pferd aus, Tommy, Steffi und ich liefen hinterher. Das Tierchen war ziemlich fix unterwegs, sodass wir Angi erst am Umkehrpunkt der Tour im höhergelegenen Nebelwald nach ca. 1,5 Stunden wieder trafen. 




Dort gab es einen kleinen Wasserfall zu sehen. Steffi entschloss sich, mit Angi zusammen zurück zum Auto zu gehen, Tommy und ich wollten die Runde komplett machen. Wir liefen weiter den kleinen, schlammigen Weg durch den Wald und überquerten einige ziemlich wackelige Hängebrücken. Nach einem schweißtreibenden finalen Anstieg erreichten wir eine Berghütte, von der aus wir einen Fahrweg zurück in Richtung Tal nahmen. Der Blick von dort oben war fantastisch, auch der zwischendurch einsetzende leichte Regen war unproblematisch. 





Für den letzten Kilometer entschieden wir uns, direkt über die recht steilen Kuhweiden zu laufen. An einem Stacheldrahtzaun war dann kurz Schluss. 


Das Huhn hat eine ziemlich coole Frisur


Ich überlegte gerade, wie ich den Zaun am besten über- oder unterqueren könnte, da hörte ich Tommy mehrmals hintereinander immer lauter und energischer „Stop“ rufen. Als ich zu ihm schaute, sah ich, wie er sich förmlich unter dem Zaun hindurch warf und anfing, den Berg hinunter zu rennen. Dann fiel mir auch sein (besser gesagt Angi´s) Rucksack auf, der vor ihm immer schneller werdend den Berg hinunter rollte. Kurz vor dem Punkt, an dem das Terrain noch steiler wurde, konnte er den Rucksack greifen und vor dem weiteren Absturz bewahren. Er hatte das Teil sanft über den Zaun geworfen, damit er leichter unter dem Stacheldraht hindurch kommen konnte und dabei offensichtlich die Hangneigung falsch eingeschätzt.



Hier war Tommy´s Rucksack noch in Sicherheit...

Zurück am Auto holten wir Angi und Steffi aus einem nahe gelegenen Kaffee ab und aßen Mittag bei einem Imbiss auf dem Marktplatz in Salento. Hier lernten wir auch, dass „ohne Fleisch“ und „vegetarisch“ in Kolumbien 2 unterschiedliche Dinge sind. Hühnchen wird nicht als Fleisch (carne) angesehen, sodass man also durchaus ein „fleischloses“ Gericht mit Hühnchen servierte bekommen kann. Der Imbissbuden-Besitzer lud uns für den Abend noch auf ein gemeinsames Bier ein, wir machten uns erst einmal auf den Weg in die Termales San Vicente. 1,5 Stunden dauerte die Fahrt und wir merkten auf dem Weg, dass wir einen Großteil der Strecke am kommenden Tag nochmal fahren müssten, da das genau unser Weg in Richtung Rio Dulce war. Die letzten 12 Kilometer ging es auf unbefestigter Straße hoch in die Berge. Hier oben waren schon recht frische 10°C.  Wir erreichten die Thermalquellen kurz vor Einbruch der Dunkelheit und verbrachten 2 sehr entspannte Stunden in den warmen bis heißen Becken und der natürlichen Schwefel-Dampfsauna. Wir waren so spät dran, dass die an Wochenenden üblichen Menschenmassen längst auf dem Heimweg waren und wir die Pools fast für uns hatten.
Auf dem Rückweg hielten wir noch an einer Foodtruck-Meile in Salento, bevor wir nach ein paar Snacks und Open-Air-Drinks in unserer Unterkunft schlafen gingen.

Am nächsten Morgen hieß es dann Sachen packen und auf in Richtung Parque Nacional los Nevados. Bis auf 4128 Meter Höhe führt uns die Straße, die in der Nähe des Vulkans Nevado del Ruiz enden sollte. Gegen 14 Uhr erreichten wir die Pforte des Nationalparks – leider zu spät, um eine der geführten Touren in die noch höheren Berge der Umgebung zu unternehmen. Ohne Führung war der Zutritt leider nicht möglich. Wir hatten auf der Fahrt aber bereits wunderschöne Ausblicke zu Gesicht bekommen und drehten noch eine kurze Runde durch das Hochmoor, bevor wir uns auf den Weg zum in der Tiefebene des Rio Dulce gelegenen Städtchen Honda machten (240 Meter über Meeresspiegel). 


Eine gespenstische Ruine auf dem Weg zum Nevado del Ruiz





Absolut verrückt, war der Temperaturwechsel. Oben schlotterten wir bei Temperaturen im einstelligen Bereich und am Zielort angekommen schwitzten wir wieder in kurzen Hosen und tropischer Schwüle. Dazwischen lagen nur 3h Fahrt.Wir bezogen unser preiswertes aber glücklicherweise klimatisiertes Boutique-Hotel und ließen den Tag mit Drinks am Pool ausklingen.

Am 18.10. schauten wir uns ein wenig das für seine über 20 Brücken berühmte Honda an. Die Stadt war früher ein bedeutendes Handelszentrum, da die über das Meer ins Land gebrachten Waren den Fluss hinauf bis hierhin verschifft und auf dem Landweg weiter in Richtung der Hauptstadt Bogota transportiert wurden.



 Bei der Weiterfahrt nach La Dorada kamen wir an einem Wegweiser für Vogelbeobachtungen am Charca Guarinocito vorbei, einem Seitenarm des Rio Dulce. Wir schauten uns am Ufer um und waren die einzigen Touristen. Mehrere Locals kamen auf uns zu und boten uns 1,5-stündige Bootstouren für wenig Geld an. Wir hatten nichts anderes vor und ließen uns von einem der Kollegen entlang der Uferkante über das fast stille Gewässer paddeln. 


Es gab unglaublich viele neue Vögel zu sehen. Vom Ufer aus winkte uns nach ca. 20 Minuten ein Mann zu, der uns zum Ananas-Saft Trinken überreden wollte. Frischer Ananassaft klang gut – wir legten an und bekamen eine recht große Schüssel  aus Kokosnuss-Holz mit bräunlichem, leicht vergoren riechenden Saft auf den Tisch gestellt. Dazu gab es 4 Kokos-Schälchen. Wir probierten das Gebräu und es war ganz sicher kein Saft, sondern eher fermentierte Ananas. Das bestätigte uns der Verkäufer auf Nachfrage auch lachend. Ein etwas strenger Geschmack, aber eigentlich nicht übel. Wir tranken ein paar Schüsseln des leicht alkoholischen Getränks und füllten uns den Rest in eine leere Wasserflasche. Wir hatten ja schließlich dafür bezahlt! J


So schaut fermentierte Ananas aus - Geschmack: gewöhnungsbedürftig

Unser Guide machte sich nun zusammen mit mir auf die Suche nach frischen Mangos für die Gruppe. Während die anderen im Boot blieben, stapften wir beide durch dichtes, kniehohes Gras zu einer Gruppe Mangobäume in der Nähe der Uferböschung. Ich war in Flipflops unterwegs und dachte die ein oder andere Sekunde daran, dass hier sicherlich auch Schlangen leben könnten. An den Bäumen angekommen mühte sich der kleine, untersetzte Guide damit ab, die Früchte vom Baum zu holen. Ich beschloss, ihm zu helfen, schwang mich auf den Baum und pflückte einige Mangos. Er lachte und gab mir den Spitznamen „Miko“, was so viel wie „Äffchen“ bedeutet. Beim Pflücken der Früchte spritzte mir eine bisschen weißliche Flüssigkeit vom Stiel der Mango auf den Unterarm. Einige Minuten später merkte ich direkt ein unangenehmes Jucken und Brennen, das wenig später wieder vorbei war. Aber nun kann ich mir wenigstens ansatzweise vorstellen, was einige Leute meinten, als sie in Australien vom sogenannten „Mango Rash“ sprachen, bei dem nach längerer Farmarbeit auf einer Mangoplantage die Arme richtiggehend offene Wunden aufweisen können. Zudem zog ich mir noch ca. 20 Bisse von Sandfliegen zu, aber von nichts kommt halt auch nichts. Zurück im Boot gondelten wir langsam wieder zurück zum Parkplatz, an dem unser Guide uns die Mango aufschnitt und sie mit Salz und Limette zum Verzehr reichte. Sie schmeckte ganz anders, als wir in Europa Mangos kennen, war aber sehr lecker.
Nach einem kleinen Einkauf in La Dorada fuhren wir weiter bis zu unserer Unterkunft in Doradal. Unser Airbnb war in einer schicken, total mediterran gestalteten Wohnsiedlung untergebracht, die wir nach mehreren Telefonaten mit der Vermieterin auch irgendwann gefunden hatten. 






Für sie waren wir die ersten ausländischen Touristen und sie hörte gar nicht auf, uns Tipps und Hinweise zu geben. Also, sie hörte tatsächlich nicht damit auf sondern erzählte immer weiter. Und weiter. Und weiter… Aber auch das war irgendwann vorbei und wir gingen schick Abendessen in einem Restaurant direkt an der Hauptstraße. Da es hier ganzjährig sehr warm ist, hatte man sich für eine offenen Bauweise entschieden, was grundsätzlich schön ist. Nur fuhren endlose Schlangen von LKW´s mehr oder weniger direkt am Tisch vorbei. Das Essen war aber spitze!

Den 19.10. hatten wir für Aktivitäten am Rio Claro eingeplant. In dem nahegelegenen Nationalpark wurden Rafting, Ziplining und Caving angeboten. Wir wollten mindestens 2 der Attraktionen mitnehmen, der Preis für jede einzelne war super. Wir begannen mit der Rafting-Tour, die mit Wildwasser-Stufe I-II als sehr entspannt angekündigt wurde.  Es ging also mehr um die Natur als um den Adrenalin-Kick. Unser Guide sprach schlechtes Englisch, aber immerhin verstanden wir grob, was er uns erzählte. Uns fiel auf, dass er ein Glasauge besaß, was die folgenden Situationen zumindest ein wenig erklärbarer machte. Zuerst stießen wir seitlich gegen einen im Wasser stehenden Baumstumpf, dessen Spitze Steffi an der Hüfte einen bösen blauen Fleck zufügte. Danach schob es die Front unseres Bootes, wieder aufgrund falscher und fehlender Paddelbefehle, unter einen Stein. Leider saß ich ganz vorn, und wurde mit der Hüfte unter den Stein gedrückt. Nicht gerade angenehm, aber zum Glück ist nichts weiter passiert. Wir gingen dann davon aus, dass der Guide aufgrund seines Augenproblems Schwierigkeiten mit dem Einschätzen von Entfernungen gehabt hat. Sei es drum, der Rest der Tour war sehr schön und entspannt. Wir konnten im Rio Claro baden gehen und und mit unseren Schwimmwesten den Fluss hinuntertreiben lassen. Einen Stopp legten wir an einer beeindruckenden Grotte ein, in der das Wasser von der Decke auf uns tropfte. Unterwegs zeigte uns unser Guide die Ruine einer ehemaligen Kokain-Küche und erklärte uns, dass Pablo Escobar (der berühmt-berüchtigte kolumbianischen Drogenbaron der 80er) und seine Kumpanen den Fluss als ihr Eigentum betrachteten und öfter mit ihren Jetskis unterwegs waren. Am Endpunkt angekommen, mussten wir länger als gedacht auf unseren Rücktransport warten und versüßten uns die Zeit mit einem gekühlten, hopfenbasierten Kaltgetränk.
Leider fehlte uns dann die Zeit, um das Ziplining durch den Dschungel mitzunehmen, das immer nur zu bestimmten Zeiten angeboten wurde. Für das Caving (Höhlentour) gab es nicht genügend Interessenten, sodass auch diese Option ausfiel. Wir aßen gemütlich Mittag in der Dschungel-Lodge und wanderten dann einen kleinen Weg entlang des Flusses hinauf. 





Auf dem Weg sahen wir unzählige riesige Spinnweben, die meist vor Löchern in der Erde oder im Stein gesponnen waren. Ich lockte eines dieser wirklich großen Tiere mit einem Stöckchen aus dem Bau. Die Spinne kam förmlich aus ihrem Bau herausgeschossen, was speziell bei den Mädels sehr sehr großen Ekel hervor rief.



 Am Umkehrpunkt gingen Tommy und ich noch einmal baden und kletterten in die Höhle, in der das Caving geendet hätte. 



Steffi und Angi kamen derweil mit 2 netten Kolumbianern ins Gespräch. Wir liefen anschließend zurück zum Auto und fuhren zurück in die Unterkunft.

Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen, übergaben den Schlüssel an unsere Vermieterin und fuhren zur Hacienda Napoles. Zunächst machten wir halt in einem Freiluft Restaurant und aßen Mittag. Als wir die Kellnerin zum zahlen heranr iefen bemerkten wir am Nebentisch eine kleine Schlange, die sich von der Stuhllehne auf den Boden hinabschlängelte und sich am Tischbein versteckte. Die geschockte Kellnerin holte sofort Hilfe, die die Schlange töten sollte. Das wollte Basti so nicht hinnehmen und rettete die Schlange mit einem Stöckchen und setzte sie behutsam im Gebüsch ab.Ich schimpfte wie ein Rohrspatz, da ich Angst hatte sie könnte beißen und Giftig sein. Letztendlich stellte sich heraus, dass es sich um einen Buschmeister handelte, welcher hochgiftig ist. Zum Glück das ganze für Mensch und Tier gut aus und niemand wurde verletzt. 



Der Baby-Buschmeister


Die Hacienda Napoles ist ein riesiges Gelände und gehörte Pablo Escobar, der hier einen Privatzoo einrichten ließ. Nachdem die Farm Anfang der 90er von Polizei und Militär eingenommen wurde, überließ man die Tiere zum größten Teil sich selbst. Viele verhungerten, einige Nilpferde überlebten jedoch auch ohne menschliche Hilfe und leben noch heute wild in der Region um den Rio Claro. 


Vanessa ist der Star der Hacienda Napoles und darf mit Karotten gefüttert werden

Klitzekleine Fledermäuse  haben in den Ruinen ein Zuhause gefunden


Das riesige Gelände konnten wir mit dem Auto erkunden und an den verschiedenen Tiergehegen aussteigen. Es gab Löwen, Tiger, Nilpferde, Gnus und allerlei anderes Getier zu sehen. Einen Tiger überraschten wir beim Liebesspiel mit seiner Partnerin, woraufhin sich die Dame zurück zog und das Männchen sich selbst überließ. Dieses war über die Situation (nachvollziehbarerweise) nicht besonders glücklich und knurrte mich erst noch im Liegen böse an. Als ich mich daraufhin immer noch nicht von der anderen Seite des einigermaßen stabilen Maschendrahtzaunes zurück zog, sprang das Tier auf und fauchte mich von Angesicht zu Angesicht an – das war ein kurzer Schreckmoment. 



Bei heiß-feuchtem Wetter schauten wir uns den ehemaligen Privatflugplatz des Anwesens sowie die noch immer vor sich hin rostenden, ausgebrannten Autowracks der Escobar-Gefolgschaft an. 


Die Landebahn von Pablo´s ehemaligem Privat-Flugplatz

Zum Schluss erfuhren wir in der ehemaligen Villa noch ein wenig über die Geschichte des Drogenbarons in einer kleinen Ausstellung. Sehr interessant, wie krank der Herr eigentlich war. Die Tiere auf der Farm hatte er sich nicht nur zum Spaß angeschafft, sie sollten im Fall eines militärischen Eingreifens auch freigelassen werden um die Angreifer zu töten.

 Ich weiß nicht, wie sehr ihr in der Escobar-Thematik steckt, aber ein weiteres denkwürdiges Kapitel war der Angriff auf das höchste Gericht in Bogota. Escobars Truppen rückten mit Panzern bis vor das Gerichtsgebäude vor, töteten die ermittelnden Richter und verbrannten alle Dokumente, die für einen Prozess gegen den „Patron“ wichtig gewesen wären. Alles finanziert durch die Kontrolle des kolumbianischen Kokain-Marktes. Letztendlich wurde Escobar Anfang der 90er auf der Flucht erschossen. Heute gibt es einen regelrechten Hype um die Person. Viele Anbieter im Land, speziell in Medellin, haben Escobar-Touren im Angebot, es gibt unzählige Souvenirs mit seinem Abbild zu kaufen. Die Kolumbianer sehen das nicht gern, da es einer Glorifizierung der Person gleichkommt, die für unzählige Tote während des Drogenkrieges hauptverantwortlich war.
Wir machten uns anschließend auf den Weg nach Medellin, buchten auf der Fahrt noch eine Unterkunft und kamen wieder in die Dunkelheit. Eine unserer  Sicherheits-Prämissen war es anfangs übrigens, in Kolumbien aus Sicherheitsgründen nicht im Dunkeln unterwegs zu sein. Die Bedenken hatten wir aber irgendwie ziemlich schnell über Bord geworfen. Auf der Fahrt durch die Berge tuckerten wir wieder einmal hinter LKWs her lauerten auf jede Überholmöglichkeit. Medellin, aufgrund des milden Klimas auch Stadt des ewigen Frühlings genannt, war wunderschön in einem riesigen Talkessel gelegen, der von hohen Ausläufern der Anden umgeben war. Auf der Fahrt ins Tal sahen wir die unzähligen Lichter der Millionenmetropole glitzern. Der Besitzer unseres Appartements hatte erst 20 Minuten vor unserer Ankunft von der Buchung erfahren, sodass er und seine Haushälterin noch am Putzen waren, als wir ankamen. Wir hatten aber sowieso Hunger und machten uns gleich auf die Suche nach etwas Essbarem. Unser Auto parkten wir auf Empfehlung unseres Vermieters an einer nahegelegenen Tankstelle. Dem mit einer Schrotflinte bewaffneten Sicherheitsmann drückten wir 3€ in die Hand und konnten bis zum nächsten Morgen stehen bleiben. Anschließend hatten wir ein tolles Abendessen in einem kleinen, familiengeführten Steak-Restaurant.

Der 21.10. war Angis 30 Geburtstag. Wir begaben uns zum Frühstück/Mittag noch einmal gemeinsam zu Crepes&Waffles und waren zum zweiten Mal schwer begeistert. Danach schlenderten wir ein bisschen durch den botanischen Garten. Leider fing es wenig später an, wie aus Eimern zu gießen. Wir rannten zum Auto und wurden ganz schön gebadet. Zum Trocknen fuhren wir ein Stück bis auf einen den Nutibara Hill, auf dem sich das Touristendorf Pueblito Paisa befand. Ein schönes Ensamble von hübschen Häusern, einer kleinen Kirche und vielen Souvenirständen, die aber auch andere Sachen verkauften als nur den Standard-Kram. 

Auf der etwas höher gelegenen Aussichtsplattform des Museums nebenan hatten wir einen fantastischen Blick über die Lichter der Stadt und das abziehende Gewitter. 




Auf dem Rückweg drehten wir noch ein paar Runden mit dem Auto durch die Innenstadt und durchquerten Viertel, in denen wir definitv nicht aussteigen wollten. Im Rotlicht-Distrikt waren neben vielen, vielen Prostituierten auch mehr als genug zwielichtige Gestalten unterwegs. Eine kleine Prügelei, die offenbar auf dem Gehweg anfing, endete direkt vor unserem Auto. Tommys schneller Reaktion war es zu verdanken, dass wir rechtzeitig zum Stehen kamen und niemanden überfuhren.  Zum Abendessen suchten wir noch einmal das Restaurant vom Vorabend auf, da Tommy über die Bedienung einen Geburtstagskuchen für unsere kleine Angi organisiert hatte. Eine gelungene Überraschung!




Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen, konnten aber alles bis nach dem Mittag stehen lassen. Unser Flug nach Cartagena ging erst am späten Nachmittag, wir hatten also noch einen halben Tag, um ein wenig mehr von Medellin zu sehen. Wir machten uns auf den Weg zu einem französischen Frühstücks-Cafe und danach zur Talstation der Seilbahnlinie J. Um die an den Berghängen gelegenen, ärmlichen Favela-Bezirke besser anzubinden, entstanden in der Stadt nach und nach mehrere moderne Seilbahnen, die für wenig Geld genutzt werden konnten. Wir fuhren einmal bis zur Endstation, wobei wir bei schönstem Wetter einen tollen Blick über das ganze Tal hatten. Steffi war nicht ganz wohl bei der Sache, Seilbahnen gehören neben Flugzeugen nicht gerade zu ihren bevorzugten Fortbewegungsmitteln.




 Die Bahn fuhr direkt über die Favelas hinweg. Schlimm, unter welchen Bedingungen Menschen dort leben müssen. In einfachsten Bretterverschlägen mit Wellblechdächern wohnen ganze Familien. Einmal mehr müssen wir feststellen, wie unglaublich privilegiert wir sind, können wir doch mit der Gewissheit in der Welt herumreisen, dass wir nach unserer Rückkehr wieder ein Leben in einer eigenen Wohnung mit einem eigenen Auto und allem Komfort leben können. So schlecht wie viele sagen geht es uns in unserem schönen Deutschland offensichtlich nicht…



Zurück am Auto wollten wir uns zum Escalator Comuna 13 begeben. Diese Galerie von Rolltreppen führt den Berg hinauf in die berüchtigte Comuna 13, die bis vor einigen Jahren noch als gefährlichstes Stadtviertel Medellins, der ehemals gewalttätigsten Stadt der Welt, galt. In diesem Bezirk blühte der Drogenhandel, Gewalt war an der Tagesordnung. Im Jahr 2002 marschierten Polizei und Militär im Rahmen der Operation Orion in dieses mehr oder weniger gesetzlose Viertel ein, womit sich die Situation entspannte. Natürlich verlagerten sich Drogen und Gewalt infolge dessen in andere Distrikte, nichtsdestotrotz ist Medellin aufgrund der harten Gangart der Gesetzeshüter und einer innovativen Stadtplanung heute viel sicherer als noch vor 10 Jahren und hat sich mittlerweile zu einem beliebten Touristenziel entwickelt. Es wird trotz allem auch heute noch empfohlen, nicht tiefer in die Comuna 13 hinein zu gehen als unbedingt notwendig. Nun wusste unsere Google-Navigation nicht so richtig, wohin sie uns leiten sollte. Tommy zog noch ein anderes Navi hinzu und führte uns zum Einstieg der Rolltreppe. So dachten wir zumindest. Wir parkten unser Auto und fragen eine Gruppe Einheimischer, wo wir denn hinlaufen müssten. Ein Mädchen meinte, sie könne uns den Weg zeigen, wir liefen ihr also hinterher. Es ging entlang kleiner Straßen immer weiter den Hang hinauf und so immer tiefer in die Comuna 13 hinein. Auf einem kleinen Platz auf dem Hügel saßen einige Männer mit tätowierten Gesichtern, die uns irgendetwas in Spanisch zuriefen, das wir nicht verstanden. Als uns das Mädel dann eine enge Treppe auf der anderen Seite des Hügels entlang kleiner Hütten wieder bergab führte, fühlte ich mich nun wirklich nicht mehr wohl. Ich drehte mich zu Steffi um, und meinte, dass das, was wir hier gerade tun, wohl wirklich eine dumme Idee sei. Wir mussten den ganzen Weg ja auch ohne unsere Führerin später wieder zurück laufen und hatten keine Ahnung, wie lang es noch bis zu diesen verdammten Rolltreppen war. Ich hatte wirklich Angst, hauptsächlich um unsere Wertsachen, aber ein kleines bisschen auch um uns selbst. Angi und Tommy sahen das Ganze aber recht entspannt. Unsere Führerin grüßte die entgegenkommende Jugend mit Vornamen, das sorgte für ein wenig Entspannung. Wir liefen also weiter und erreichten 2 Minuten später die oberste Terrasse der Rolltreppen-Installation. Hier war dann wieder alles Friede, Freude, Eierkuchen. Viele Touristen, die den (empfohlenen) Weg von unten gekommen waren, knipsten fleißig überall präsente Street-Art, Jugendliche tanzten zu Hiphop-Beats und Bücher über die gewalttätige Vergangenheit des Viertels wurden verkauft.



Auch wir schossen ein paar Fotos bevor wir uns zurück zum Auto begaben. Unterwegs bekamen wir noch ein bisschen Kokain angeboten, lehnten aber dankend ab. Es ging wieder vorbei an eigenartigen Menschen, sodass wir froh waren, als nach 15 Minuten wieder unser Renault in Sichtweite kam. In einer kleinen Bar gab es noch einen Softdrink, da wir für die vorherrschende Hitze zu wenig Wasser dabei gehabt hatten. Ich kam mit einem Polizisten ins Gespräch, der sich ein paar Bierchen zum Mittag gönnte und mir stolz seine Polizei-Marke zeigte. Er freute sich sichtlich, dass ein paar Touristen sein Stadtviertel besuchten und erzählte, dass er Anfang der 90er bei der Jagd auf Pablo Escobar dabei war, der in Medellin erschossen wurde.
Wir holten unsere Sachen im Appartement und fuhren zum 40 Kilometer entfernten Flughafen, der sich auf der anderen Seite der östlich von Medellin gelegenen Bergkette befand. Die Rückgabe des Mietwagens funktionierte problemlos. Unsere Tickets hatten wir nicht ausgedruckt, das war aber leider Voraussetzung für den Checkin bei Viva Colombia, einer inländischen Billigfluggesellschaft. Damit mussten wir am Flughafen noch einmal 5$ pro Person fürs Drucken investierten. Das war allerdings in Ordnung, da der 1,5-stündige Flug nach Cartagena sowieso nur 40€ p.P. gekostet hatte. 



Wir landeten gegen 18:30 bei strömenden Regen in Cartagena, nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Dass unser Uber-Fahrer auf dem Weg in die Stadt jedoch fast stecken blieb, da das Wasser auf den Straßen immer höher stieg, war laut seiner Aussage dann aber doch eher die Ausnahme. Wir hörten und sahen die Blitze ringsherum einschlagen und ließen uns in der Nähe unseres Hotels absetzen. Bei einem Blitzeinschlag ganz in der Nähe wackelte der Boden und alle Alarmanlagen der Autos im Umkreis gingen an. Die letzten 100 Meter liefen wir mit unseren Flipflops durch 30 Zentimeter tiefes Wasser und wurden dabei von oben geduscht.




 In der Unterkunft angekommen stellte sich schnell heraus, dass der Rezeptionist wenig Ahnung von seinem Job hatte. Nachdem wir die unter Wasser stehenden Zimmer in Augenschein genommen und einstimmig beschlossen hatten, hier definitiv nicht zu übernachten, war der gute Mann völlig hilflos. Erst nachdem Tommy mit seinem Chef telefonierte, der ein wenig Englisch sprach, bekamen wir unser Geld zurück. Während Tommy noch diskutierte, machte ich mich mit Steffi auf die Suche nach einem nahegelegenen, nicht gefluteten Quartier. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen, das machte die Sache einfacher. Die dritte Unterkunft, die wir uns anschauten, war dann auch ein Volltreffer. Gleicher Preis, schöne neue Zimmer mit Klima-Anlage, Frühstück inklusive. Wir gaben Angi und Tommy Bescheid, zogen ein, gingen noch etwas Essen und danach ins Bett.


Am 23.10. schlenderten wir durch die sehr schöne und gepflegte Altstadt Cartagenas. Die von den Spaniern kolonialisierte Stadt besticht durch viel Historie, hübsche Architektur, gute Bars und Restaurants und ist eine der gefragtesten Touristendestinationen Kolumbiens. 


Ein Liszt-Affe mitten im Stadtpark



Frische Limonade auf der Straße - lecker!


Ein Arepa-Fastfood-Restaurant. Wir konnten gerade so widerstehen!

Wir haben abgekupfert...




Nachdem wir einige Souvenirshops durchforstet hatten, sahen wir auf der Stadtmauer schon das nächste Unwetter heranziehen. 



Die berühmten bunt gekleideten Obstverkäuferinnen

Wir kehrten in einem feinen italienischen Restaurant ein und ließen den Regen bei Wein vorüberziehen. Nachdem wir uns im Hotel frisch gemacht hatten, gingen wir, das erste Mal seit Langem, wieder tanzen. Wir entschieden uns für einen Salsa-Club am Hauptplatz. Von dessen Balkon aus hatte man einen tollen Ausblick auf den Platz, die Stadtmauer und viele hübsche Mädchen, die in Gruppen auf dem Platz herumstanden. Doch wir fragten uns bald, warum immer mehr Mädels hinzu kamen, die ab und an von Männern angesprochen wurden, sich jedoch sonst nicht großartig von bewegten. Da dämmerte es uns – es waren alles Prostituierte, auch die offensichtlich Minderjährigen. Für uns schien es ungewöhnlich, dass sich dieses Gewerbe mitten im Stadtzentrum ansiedelt. Wir tanzten zu einem guten Mix aus traditioneller Salsa-Musik und moderneren Songs, bevor wir spät ins Hotel zurückkehrten und noch einen gemeinsamen Drink in Angis und Tommys Zimmer nahmen.

An unserem letzten vollen Tag in Cartagena machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Castillo de San Felipe de Barajas, dem größten Kolonialfort der Spanier. Wir liefen geduckt durch unterirdische, stickige Gänge und hatten von oben einen schönen Blick über die ganze Stadt und die Küste. 
Vordergrund wühlen junge Männer im Müll während im Hintergrund die Luxusyacht geparkt ist.





Bei diesen Temperaturen suchen selbst die Katze die Kälte der Kühltruhe statt die Wärme des Ofens

Zum Mittag gab es lecker Meeresfrüchte, danach fuhren wir mit einem Uber zum Kloster Convento de Santa Cruz de la Popa. Leider kamen wir zu spät, das Gelände wurde gerade abgeschlossen. Unser netter Fahrer wartete deswegen gleich auf uns und nahm uns ein paar Fotos später wieder mit zurück in die Stadt.

Am 25.10. holten Tommy und Angi am Morgen den nächsten Mietwagen am Flughafen ab. Die beiden parkten am nahegelegenen Stadtpark, sodass wir anschließend alle genügend Zeit hatten, unsere Klamotten zu packen. Mit unseren Rucksäcken machten wir uns auf zum Auto. Am Stadtpark angekommen sagte zuerst Angi, dass das Auto nicht mehr da sei. Tommy meinte, dass es einfach weiter vorn geparkt sei, was sich leider als falsch erwies. Offensichtlich hatten die beiden den Renault im Parkverbot abgestellt. Nun hatten wir ein kleines Problem, da ja keiner eine Ahnung hatte, an wen man sich nun wenden müsste. Tommy versuchte, einen Einheimischen zu fragen, was passiert sei. In diesem Moment tauchte der Abschlepper mit unserem Auto am Haken an der nächsten Kreuzung auf und bog in die Gegenrichtung ab. Tommy überlegte nicht lang und fing an, hinterher zu rennen. Man stelle sich also folgende Situation vor: ein weißer Mann mit Glatze rennt wie ein Irrer mitten auf einer stark befahrenen Straße in Kolumbien hinter einem Abschleppauto her, 3 andere Weiße stehen dumm an der Straße und schauen dem anderen hinterher. Die Leute drehten sich reihenweise um und schauten der Szene recht ungläubig zu. Tommy tat allerdings genau das Richtige, da das Abschleppauto in ca. 300 Meter Entfernung in die Verwahrstelle abbog. Dort hatte er den Fahrer dann auch eingeholt. Ich machte mich im Laufschritt auf den Weg, um ihn bei den kommenden Diskussionen zu unterstützen. Dort angekommen erklärte man uns, dass wir zur KfZ-Meldestelle fahren müssten, um dort unsere Strafe zu bezahlen. Erst dann könne man uns das Auto wieder herausgeben. Wir stellten mehrfach die Frage, ob wir das Problem nicht direkt vor Ort lösen könnten, was in Kolumbien eigentlich kein Problem sein sollte. Leider führte da kein Weg hinein, auch wenn mein Spanisch leider zu schlecht war, um eventuelle Angebote von Seiten des zuständigen Polizisten wirklich zu verstehen. Wir brachten also erst einmal all unser Gepäck zurück zum Hotel, Tommy und ich machten uns mit einem Uber auf in Richtung Amt, das ca. 10 Fahrminuten entfernt war. Auf dem Weg fragte uns unser Fahrer, ob wir dort jemanden kennen würden und wie es mit unserem Spanisch-Level ausschaut. Unsere Antwort ließ ihn nachdenklich werden. Wir entschlossen uns kurzerhand, ihn als unseren Dolmetscher zu nutzen, der lustigerweise auch noch Kontakte im Amt hatte. Dafür waren wir auch gern bereit, etwas Geld extra in die Hand zu nehmen. Um es zusammenzufassen: der ganze Spaß dauerte insgesamt 4 Stunden, kostete ca. 150 € und wir hätten es wahrscheinlich niemals ohne fremde Hilfe geschafft. Ein irrer Papierkrieg, bei dem man an 3 Schaltern abwechselnd mit 5 verschiedenen Leuten sprechen musste. Letztendlich konnten wir unser Auto abholen, drückten unserem Fahrer Geld in die Hand und konnten uns endlich auf den Weg entlang der Küste nach Santa Marta. 

(Einer) unser(er) Strafzettel fürs Abschleppen

Um diesem tollen Start in den Tag noch ein Krönchen aufzusetzen, wurden wir unterwegs noch von 2 korrupten Polizisten angehalten, die uns wegen eines angeblichen Rotlicht-Verstoßes abzogen. Wenigstens konnten wir die 80€ hier direkt vor Ort zahlen. In unseren Quartier angekommen gingen Steffi und ich zeitnah ins Bett, Tommy und Angi gingen noch etwas essen und durften auf dem Weg noch einmal Geld bezahlen, weil sie falsch herum in eine Einbahnstraße gefahren waren. 

Die Guajira-Halbinsel

Am nächsten Tag wollten wir uns den Tayrona-Nationalpark anschauen. Wir waren gegen 12 Uhr am Parkeingang und uns wurde klar, dass nicht mehr genügend Zeit bleiben würde, um an unserem Ziel, dem Playa Cristal, zu baden und zu relaxen. Zudem war der Eintrittspreis für den Park recht hoch, man sollte also schon einen kompletten Tag hier verbringen, damit es sich lohnt. Stattdessen verbrachten wir den Nachmittag in Minca, einem kleinen Bergdorf in der Nähe auf 600 Metern Höhe. In einem kleinen Restaurant treffen wir Enaf wieder - unsere israelische Mitreisende, die wir in Semuc Champey/Guatemala getroffen hatten. Die Welt ist echt ein Dorf! Als wir noch aßen, öffnete der Himmel einmal mehr seine Schleusen. Wir saßen überdacht und konnten zuschauen, wie der nahe Fluss innerhalb kürzester Zeit zu einem reißenden Strom anschwoll.




 Den Abend verbrachten wir bei allerlei leckeren Getränken in unserem Quartier.

Am 27.10. starteten wir noch einmal einen neuen Versuch für den Playa Cristal. Wir brachen deutlich eher auf und waren zur Öffnung das Parks am Haupteingang. Auf der Straße zur Küste saßen überall große Echsen in verschiedensten Farben in der Sonne. Wir parkten unser Auto an einem kleinen Strandabschnitt und ließen uns von einem Fischer mit dessen Boot zum wohl schönsten Strand des Parks fahren. Dort verbrachten wir den ganzen Tag mit Schnorcheln, direkt am Strand frisch zubereitetes Ceviche Essen, Coco Locos Trinken und faul in der Sonne Herumliegen – großartig!





Coco Loco für Steffi

Frisches Ceviche, vor unseren Augen zubereitet

Der nächste Tag war für eine Wanderung im Tayrona Nationalpark reserviert. Wir liefen zu viert durch dichten Dschungel, entlang herrlicher, recht einsamer Strände  und bekamen mehrere wunderschöne Buchten zu Gesicht. Leider waren die meisten dieser Buchten nicht zum Baden geeignet, da an großen Teilen der Nordküste Kolumbiens gefährliche Rippströmungen vorherrschen.






Deutliche Worte...

Unterwegs sahen wir unzählige Krabbenlöcher im Wald nah des Strandes, wenn man leise war und genau hinschaute, konnte man die Tiere sogar in ihren Löchern sitzen sehen.




 An einem der wenigen Badestrände angekommen gab es für Steffi und mich wieder einmal frisches Ceviche, Tommy und Angi stürzten sich derweil in die Fluten. Etwas verstörend war der Fakt, dass etwa 100 Meter weiter ein ca. 3 Meter großes Salzwasserkrokodil an einem kleinen Wasserloch direkt hinter dem Strand abhing. 





Da nicht mehr viel Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit war, machten wir uns bald auf den Weg zurück zum Auto. Angi entschied sich dabei aufgrund ihres noch nicht verheilten Fußes für das Pferd, während wir 3 zu Fuß aufbrachen. Kurz bevor es völlig dunkel war erreichten wir das Auto, an dem Angi schon eine halbe Stunde gewartet hatte. Gute Entscheidung übrigens, dass Steffi nach kurzer Überlegung nicht auf ein Pferd steigen wollte. Angi´s Pferdchen hatte vor einer Flussüberquerung gescheut und sie hatte es nur wieder unter Kontrolle bekommen, weil sie Reiterfahrung hatte. Als Amateur hätte das böse ausgehen können. Wir fuhren weiter nach Palomino, ein kleines Dorf an der Küste, dass sich in den letzten Jahren zu einem Backpacker-Hotspot entwickelt hat. Neben vielen Hostels, kleine Bars und Restaurants und einigen unasphaltierten Seitenstraßen gab es hier eigentlich nicht viel. Das Flair war allerdings sehr entspannt. Wir konnten in unserem schicken Hostel mit Pool abhängen und echt italienische Pizza/Pasta genießen, da das Besitzer-Pärchen aus Italien eingewandert war.

Am 29.10. machten wir eine Bootstour im Parque de Flamenco. Da der Nationalpark sowieso auf unserer Route nach Riohacha lag und wir alle Lust auf Vogelbeobachtung hatten, legten wir hier einen Stopp ein. Unser Guide griff uns auf seinem Moped schon auf der Zufahrtsstraße zum Park im Vorort ab und machte uns ein gutes Angebot für eine 2-stündige Bootstour. Die Preise hatten wir vorher online recherchiert, sodass wir ungefähr wussten, was angemessen war. Wir willigten ein und ließen uns von dem Kollegen zum Strand bringen, an dem die Boote lagen. Wenig später ging es los und wir hatten eine fantastische, ruhige (Motoren waren im Nationalpark verboten) Zeit, in der wir eine Flamingo-Kolonie und viele andere Vögel beobachten konnten. Normalerweise spannen die Guides ein Segel für die Fahrt in der Lagune, an diesem Tag war es jedoch komplett windstill, sodass uns unser Kapitän durch das flache Wasser stakte wie im Spreewald. Wir stöhnten schon beim Nichtstun vor Hitze und Feuchtigkeit, der arme Junge hatte aber echten Grund zum Klagen.







Tommy hatte irgendwann so viel Mitleid, dass er ihn in den letzten 20 Minuten mit einem zweiten Stock beim Staken unterstützte.



 Wieder am Ufer angekommen setzten wir uns auf die Plastikstühle eines der kleinen Restaurants mit Strandblick und bestellten Essen. Es dauerte nicht lang und es erschien ein etwas älterer Herr, der uns in viel zu undeutlichem Spanisch irgendetwas vermitteln/verkaufen wollte. Wir lehnten dankend ab, das interessierte ihn aber wenig. Er redete einfach weiter und wir verstanden einfach weiter nicht, was er von uns wollte. Unser Tourguide und der Restaurantbesitzer, offensichtlich beide aus dem kleinen Dorf, wurden dann langsam etwas ungehalten und versuchten ihm zu vermitteln, dass man auf diese Art keine Touristen überzeugt, etwas zu kaufen (so viel konnten wir dann doch verstehen). Das Ganze artete dann zu einem kleinen Streit direkt an unserem Tisch aus. Der Herr entfernte sich dann tatsächlich irgendwann. Für uns war es unterhaltsam, da man einfach merkt, dass der Tourismus in dieser Region noch in den Kinderschuhen steckt und nicht alles perfekt aufeinander abgestimmt ist. Irgendwie sympatisch J
In Riohacha, dem Tor zur Guajira-Halbwüste im Norden Kolumbiens, bezogen wir unser Hotel und schauten uns noch ein bisschen die Strandpromenade und das recht unscheinbare Stadtzentrum an. Wir passierten das Büro eines Anbieters, der Touren in die Guajira im Programm hatte und entschieden uns, einen 2-Tages-Trip mit einer Übernachtung in Cabo de la Vela, einem winzigen Fischerdorf 3 Stunden nördlich von Riohacha zu buchen.

Am nächsten Tag wurden wir gegen 8 Uhr mit einem Allrad-Wagen abgeholt und machten uns auf den Weg. Die ersten 120 Kilometer fuhren wir auf immer schlechter werdenden, jedoch zumindest teilweise noch asphaltierten Straßen. Wir dachten uns bis dahin, dass wir das auch mit unserem Renault geschafft hätten. Zwischendurch machten wir noch einen Halt an einer Saline und bekamen eine Führung auf Spanisch. Da wir nichts verstanden beschränkten wir uns auf hübsche Fotos.Tommy war ein super Modell!



 Unser Fahrer war alt und hatte einen absolut einzigartigen Fahrstil. Statt beim Überholen zu beschleunigen, während der LKW auf der Gegenspur immer näher kam, bremste er auf die Geschwindigkeit des neben ihm fahrenden Autos ab und konnte sich dann weder für weiteres Bremsen oder nochmals Beschleunigen entscheiden. Wir haben die Fahrt offensichtlich überlebt, auch wenn uns das ein oder andere Mal wirklich schlecht geworden ist und Angi uns Steffi angsterfüllte Seufzer von sich gaben. Danach ging dann aber der wirkliche Spaß los. Die letzten 30 Kilometer wühlten wir uns durch Unmengen von Matsch und arbeiteten uns durch Wasserlöcher. Das weckte bei mir gleich wieder Erinnerungen an Australien, ich genoss die Fahrt einfach total! An unserer Unterkunft angekommen wurden wir freundlich von den 5 Mitarbeitern (eine Familie, die auch dort wohnte) begrüßt und stellten fest, dass wir neben einem älteren Pärchen aus Bogota die einzigen Gäste waren. 
Unsere Sachen ließen wir erstmal im Restaurant-Bereich stehen und bekamen unser leckeres Mittagessen, frischen Fisch mit Reis und Kochbanane, serviert. Ich ging noch kurz am Strand baden, den wir im Umkreis von mehreren Kilometern komplett für uns allein hatten und dann rief uns unser Fahrer auch schon zum Ausflug in die Umgebung zusammen. Am Horizont zog eine dunkle Wolkenwand auf, sodass wir förmlich auf die Apokalypse warteten. Das Gewitter zog dann zwar an uns vorbei, die Luft konnte man aber trotzdem fast schneiden.


Die Vegetation auf der Halbinsel war total verrückt. Einerseits war es feuchtwarm und überall waren Wasserlöcher zu sehen, andererseits war alles sehr karg. Bis auf ein paar Büsche und Kakteen wuchs hier nicht viel.








 Wir fuhren in Richtung des sogenannten Zuckerhutes, einem recht symmetrischen Hügel an der schroffen Küste. Dabei durchquerten wir nach einigen Kilometern Fahrt auch die eigentliche Ortschaft Cabo de la Vela. Hier gab es einige kleine Bars und viele Unterkünfte in einfachen Hütten. Doch selbst hier gab es Strom nur abends für einige Stunden per Generator und fließendes Wasser war die absolute Ausnahme. Am Zuckerhut angekommen bestiegen wir das Berglein, von oben konnte man den Blick über die endlos wirkende Wüstenlandschaft schweifen lassen. Am nächsten Haltepunkt trafen wir auf ein paar weitere Touris. Die Einheimischen hatten sich auf uns eingestellt und warteten bereits mit gekühltem venezolanischen Bier auf uns (die Grenze war von hier nur 50 Kilometer Luftlinie entfernt). Den Sonnenuntergang schauten wir uns von einer nahegelegenen Klippe aus an, bevor wir zurück ins Quartier fuhren.



 Nach dem Abendessen tranken wir am Strand noch einige der venezolanischen, sehr geschmacksneutralen Zwergenbiere (220ml). Wir hatten allerdings keine Wahl, es waren die einzigen alkoholischen Getränke, die vorhanden waren. Als wir ins Bett gingen, war der Generator bereits abgeschaltet, der Mond tauchte aber alles in ein unwirkliches Licht. Fließendes Wasser hatten wir nicht, auch wenn die Badamaturen vorhanden waren. Vielleicht hat man hier schon für zukünftige Entwicklungen vorgesorgt. In der Ecke das Badzimmers stand ein großer Bottich mit Schöpfeimer, damit versorgten wir uns mit dem kühlen Nass. Da das ganze Haus offen konstruiert war, fühlte man sich wie in einer Lodge in Afrika (zumindest stelle ich mir Lodges in Afrika so vor).

Blick vom Balkon unserer Unterkunft auf unseren Privatstrand

Den folgenden Tag verbrachten wir bis zum Nachmittag am Strand in total ruhigem, türkisem Wasser und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Nach dem Mittagessen (Fisch, Reis, Kochbanane) fuhren wir zurück nach Riohacha und stiegen dort in unser Auto um. Als wir am Geldautomaten anstanden (das passiert in Kolumbien öfters) hielt ein gepanzerter Geldtransporter neben uns. Die zwei Wachmänner waren mit Schrotflinte und Revolver bewaffnet. Als der Kollege mit dem Geldkoffer zurück kam, klopfte er mit dem Revolver gegen die Tür, damit der andere von innen öffnen konnte. Er stand mit dem Rücken zur Tür und stieg dann rückwärts mit gezogener Kanone in das Auto, um alle Personen im Umkreis im Blick zu behalten. Eine Szene wie aus dem Film. Wir fuhren noch ca. eine Stunde zurück bis nach Palomino, wo wir wieder in dasselbe Hostel mit Pool einzogen, in dem wir schon vorher geschlafen hatten.


Hier verbrachten wir dann noch 2 Nächte mit Angi und Tommy, spielten wie die kleinen Kinder im Pool und ließen den gemeinsamen Urlaub würdig ausklingen. Wir verabschiedeten uns am 02.11. voneinander, für die beiden ging es von Santa Marta mit ein paar Tagen Aufenthalt in Bogota wieder zurück nach Europa. Steffi und ich blieben noch ein paar Tage in Palomino, wobei unser Direktflug von Cartagena nach New York aufgrund von Streiks bei der kolumbianischen Fluglinie Avianca gecancelled wurde. Wir buchten deswegen um und sollten am 08.11. von Santa Marta nach Bogota und von dort aus am 09.11. weiter nach New York fliegen.

Die ersten Nächte nach Tommy's und Angi's Abreise verbrachten wir noch in der schönen Unterkunft, zogen für die letzten 3 Übernachtungen gezwungenermaßen dann aber in ein Hostel um, das Zimmer für ein Appel und ein Ei im Angebot hatte. Eine im Nachhinein fragwürdige Entscheidung, da wir in einem aus Stöckchen erbauten, offenen Zimmer übernachteten. Das wäre noch ok gewesen, hätte unser Zimmer nicht im ersten Stock gelegen und hätte es damit nicht die anderen Gebäude an der Hauptstraße ringsherum überragt. Damit bekamen wir 1:1 die schön laute Musik mit, die von 2 Bars in unmittelbarere Nähe gespielt wurde. Von Morgens um 10 bis nachts um 2 ging es rund in der Nachbarschaft. An Schlafen war ausschließlich mit Ohrstöpseln zu denken. Die traditionelle kolumbianische Musik, die irgendwann nur noch klang wie klagende und flehende Viehhirten, treibt einen nach 3 Tagen Dauerbeschallung tatsächlich fast in den Wahnsinn. Auf unserem Moskitonetz sammleten sich nach und nach alle möglichen Insektenteile, da die Geckos beim Vernaschen ihrer Mahlzeiten an der Decke ein bisschen krümelten. Bei den nächtlichen tropischen Regengüssen bekamen wir ab und an etwas Sprühregen ins Gesicht. Eines Abends war ich in einem außen liegenden, auch aus Stöckchen erbauten Verschlag duschen. Als ich wieder ins Zimmer kam, saß Steffi in Tränen aufgelöst unter dem Moskitonetz auf dem Bett und konnte mir vor lauter Schluchzen erst gar nicht erzählen, was passiert war. Sobald es wieder möglich war erzählte sie, dass gerade eine riesige Kakerlake unter dem Moskitonetz quer durch das Bett geflitzt sei. Draußen hatte es geregnet und das ganze Getier suchte sich deswegen einen trockenen Unterschlupf. Das war dann wirklich zu viel für meine Frau. Nach vielen Umarmungen, beruhigenden Worten und der Zusicherung, dass das die letzte Unterkunft dieser Art sein wird, beruhigte Steffi sich wieder. Wir legten uns zu lieblichen Musik-Klängen in Straßenfest-Lautstärke ins Bett und schliefen irgendwann ein.

Unser "tolles" Taxi


So langsam ging uns das Bargeld aus und wir fragten nach,wo der nächste Geldautomat sei. Man sagte uns, dass wir in den nächsten Ort fahren müssten, der nur mit dem Taxi zu erreichen sei. Unser "Taxi" war eine ganz schöne Klapperkiste, bei der einige Fenster fehlten, die Decke schimmelte und von der Innenausstattung war nicht mehr viel übrig. Aber unser Fahrer, der selbst nur Lumpen am Körper trug, fuhr uns unfallfrei die jeweils 20 Minuten hin und wieder zurück .

 Wir verbrachten die Tage mit Blog Schreiben, Pizza Essen und in der Hängematte vor unserem Stöckchen-Zimmer relaxen. Baden war trotz nettem Strand aufgrund der gefährlichen Strömung auch hier nicht möglich. Nach ein paar Tagen klarten morgens einmal die dichten Wolken über der Sierra Nevada de Santa Martha auf und gaben einen spektakulären Blick auf die 5000m hohen Gipfel frei. Wir standen bei 36 Grad und unbarmherziger Luftfeuchtigkeit in den Tropen und schauten auf die schneebedeckten Gipfel. Etwas surreal aber wunderschön.



Die ortsansässigen Kogi-Indianer als Streetart verewigt

Mit dem Bus fuhren wir am 06.11. von Palomino nach Santa Marta, wohnten dort in einem kleinen, neuen Hotel in einem Doppelzimmer aus Stein, nicht aus Stöckchen. Die Klimaanlage war eine herrliche Abwechslung. Wir schauten uns das nette Städtchen an und bereiteten uns mental auf das Ende des schönen warmen Klimas vor, da für New York ca. 3°C Höchsttemperatur angesagt waren. Unser Hotelbesitzer fuhr uns am 08.11. bei sinnflutartigem Regen zum Flughafen, die Straßen waren innerhalb kürzester Zeit wieder völlig überflutet, das Auto kam zwar ins Stottern, fuhr aber entgegen meiner Erwartungen tapfer weiter. Am Flughafen meinte Steffi dann, dass sie sich irgendwie krank fühlen würde. Das erwies sich leider nicht als Trugschluss. Im Flieger begann plötzlich der Schüttelfrost, wenig später kam Durchfall dazu. Am Flughafen in Bogota wurden wir von Dario abgeholt, einem Kolumbianer, den wir auf Hawaii kennengelernt hatten und der uns für die eine Nacht bis zu unserem Flug in die USA seine  Hilfe anbot, bei ihm zu übernachten. Steffi legte sich direkt ins Bett, ihr ging es zunehmend schlechter. Ihr war abwechselnd kalt und heiß, das Fieber stieg bis auf 39,2°C. Sie begann, wirres Zeug zu erzählen, sodass wir ihr fiebersenkende Medikamente verabreichten.

Unseren letzten Tag in Kolumbien verbrachten wir hauptsächlich bei einem polnischen Arzt in einer  kleinen Privatpraxis, um Steffi flugtauglich zu machen. Der Flieger sollte nachts um 23 Uhr abheben und ich war mir nicht sicher, ob er sie bis dahin dementsprechend aufgepäppelt bekommt. Eine Umbuchung auf einen anderen Tag hätte uns etwa 300 € pro Person gekostet. Der Doktor meinte, dass er Steffi schon flugfähig machen werde. Sie wäre wohl nicht der erste Patient, bei dem er das gemacht hätte. Die erste Vermutung des Doktors, der fließend Deutsch, Polnisch, Englisch und Spanisch sprach, war Dengue-Fieber. Wir waren vorher zwei Wochen an der Küste unterwegs, wurden trotz Repellent von unfassbar vielen Moskitos gestochen und die Symptome passten auch. Er machte einige Tests, die er innerhalb von einer Stunde direkt vom Krankenhaus um die Ecke auswerten ließ. Der Verdacht bestätigte sich glücklicherweise nicht. Steffi hatte sich stattdessen ein aggressives Darmbakterium eingefangen. Der Doc hängte sie direkt an den Tropf, sie bekam 3 Infusionsbeutel mit Antibiotika, Vitaminen und Magenentkrampfungsmittel verabreicht. Ihr ging es schlagartig besser.



 Dario hatte uns netterweise sein Auto geliehen, sodass wir noch einmal nachhause fahren konnten, bevor wir abends noch einmal in der Praxis vorbei schauten um die zweite Infusionsladung und eine ordentliche Menge an Medikamenten abholen konnten. Da wir während der Infusion viel Zeit zum Reden hatten, kamen wir auch auf den Lebenslauf des Arztes zu sprechen. Er hatte in Wien Medizin studiert, hatte nach einiger Zeit als Arzt in Österreich allerdings die Nase voll von dem Papierkram, dem er 50% seiner Arbeitszeit widmen musste. Bei einer Konferenz in Guatemala entschied er sich, für einige Monate in einem Krankenhaus in Guatemala City zu arbeiten. Die Geschichten, die er in diesen 3 Monaten erlebt hatte, waren wirklich hart. Jede Nacht an den Wochenenden wurden allein in dieses Krankenhaus 20-30 Menschen mit Schussverletzungen eingeliefert. Die Maras, gewalttätige Jugendbanden, treiben in Guatemala-Stadt ihr Unwesen und liefern sich alltägliche Schießereien. Die Krankenwägen kamen teilweise mit 5 übereinander gestapelten Verletzten an. Die Ärzte und Schwestern sortierten schnell nach tot und lebendig. Bei den Überlebenden wurden oftmals ohne Professor und Narkose Thorax-Öffnungen zur Entfernung der Kugeln durchgeführt, da keine Zeit für eine Anästhesie blieb.Ein Streit zwischen einem Zwölfjährigen und einem Vierzehnjährigen endete tödlich. Einer der beiden lief nachhause, holte eine Pistole und machte kurzen Prozess. Für das Opfer kam jede Hilfe zu spät. Auch unser Arzt war selbst schon in Gefahr. Ein Gangmitglied beschwerte sich darüber, den anderen Patienten nicht vorgezogen zu werden und drohte unserem Doc, ihn zu töten sobald er das Krankenhaus verlassen würde. Seine Kollegen  legten ihm ans Herz, die nächsten 2 Tage da zu bleiben. Ab diesem Tag traute er sich nie wieder, auswärts Mittag zu essen sondern fuhr nur zur Arbeit und zurück, da solche Drohungen meist ernst zu nehmen sind. Steffi war soweit stabil und er versorgte sie sogar mit Reiswaffeln und Zwieback aus seinem persönlichen Küchenschrank. Etwas anderes sollte sie erstmal nicht zu sich nehmen. Hätten wir nicht gehen müssen, hätten wir wahrscheinlich noch länger miteinander geplaudert.


Nach einem weiteren, kurzen Zwischenstopp bei Dario brachte er uns zum Flughafen und wir hoben pünktlich ab in Richtung Winter.