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Donnerstag, 15. September 2016

Irgendwo im Nirgendwo

G´day Mates!

Da sind wir wieder - im zauberhaften Australien.

Wir leben den Traum und dessen sind wir uns mehr als bewusst. Wir haben euch ja in einem vorherigen Blogpost wissen lassen, warum wir uns dazu entschlossen haben, noch einmal ein Jahr Australien einzuschieben und unsere Weltreise zu verlängern. Dieser Post ist leider erstmal ohne Bilder, da wir in unserer Wohnung kein WLAN haben – willkommen im Mittelalter :-)

Unsere erste Anlaufstelle war wieder Melbourne. Wir landeten mit gemischten Gefühlen. Wir konnten es kaum erwarten unseren an Darmkrebs im Endstadium erkrankten Freund Michael zu besuchen, auf der anderen Seite hatten wir Angst davor, was uns erwarten würde. Als uns die Nachricht in Neuseeland erreichte traf es uns wie ein Schlag. Wenn jemand, der einem nahe steht, unheilbar krank ist ändert es die Sicht auf manche Dinge und das Leben selbst. Wir sind eben nicht alle unsterblich und sollten das Beste aus der uns verbleibenden Zeit machen.

Nach unserer Ankunft beschäftigte uns erstmal der Fakt, dass mein (Steffi´s) Koffer verschwunden war. Also zogen wir nachts um 2 in unser AirBnb im schönen Collingwood/Melbourne ein. Wir wohnten im Hause von Lucy und Olli, einem britischen Backpackerpärchen, das in Melbourne gestrandet ist und nun immigrieren will. Ein wenig verstehen kann ich sie. Melbourne hat schon einen besonderen Reiz.

Den nächsten Tag begannen wir mit Nachforschungen, wo denn nun mein Gepäck abgeblieben war. Danach machten wir uns auf den Weg zu Michael. Zuerst einmal waren wir sehr erleichtert als er die Tür öffnete: trotz einer erst kurz vorher durchlebten Chemotherapie und Operation sah er gar nicht so schlecht aus, wie wir erwartet hatten. Er erzählte uns, dass er 8 Kilo verloren hatte und eine neuartige Chemo bekommt, welche immer noch aggressiv aber ohne Haarverlust wirkt. Es geht ihm mittlerweile körperlich besser als noch vor einigen Monaten, auch wenn alles etwas langsamer erledigt werden muss. Der psychische Faktor ist allerdings unvorstellbar. Man sagte ihm, dass bei ständiger Therapie noch 5 bis maximal 10 Jahre bleiben würden.

Am darauffolgenden Tag wollte er sich nicht treffen, da er Schmerzen hatte. Also machten wir uns auf, noch einmal die Innenstadt zu erkunden. Die Temperaturen waren leider immer noch recht kühl und das Wetter wechselhaft. Das letzte Mal als wir hier waren bewegten sie sich zwischen 30 und 42°C, was Sightseeing weniger attraktiv machte. Diesmal ließ sich alles entspannt zu Fuß erkunden. Wir nahmen wirklich eine Menge mit.

Einen Tag verbrachten wir im riesigen Melbourne Museum, das Ausstellungen zu allen möglichen Themen anbietet. Der erste Teil beschäftigte sich mit dem Thema „Jurrasic World“, also Dinosauriern. Der Rundgang war aufgebaut, als würde man an einer Führung durch einen Erlebnispark teilnehmen, in dem Dinosaurier wieder zum Leben erweckt worden sind. Die beweglichen Dino-Roboter sahen extrem echt aus, inklusive sich bewegender Haut und allem drum und dran.  Danach schauten wir uns noch den Teil des Museums an, der sich (auch kritisch) mit der Aborigine-Geschichte auseinandersetzt. Sehr interessant, allerdings auch ziemlich grausam, wie sich der weiße Mann hier in Australien eingeführt hat. Die sogenannte „verlorene Generation“ der Aborigines erhielt ihren Namen dadurch, dass Tausenden Kinder ihren Familien entrissen worden. Begründung: deren leibliche Eltern könnten nicht ordentlich für sie sorgen. Wahnsinn. Die Abneigung vieler Menschen gegenüber den Ureinwohnern wird auch heute noch deutlich. Gerade auf dem Land, wo wir uns aktuell befinden, werden die Pubs halt doch nur von Weißen besucht, während die Aborigines in der Spielhalle nebenan sitzen. Und nach Aussage einiger Leute auch nie einen Fuß in die Bars setzen würden. Es gehört sich wohl einfach nicht und der gemeine (erst vor einigen Generationen eingewanderte) Australier möchte sich mit „diesen Leuten“ nicht abgeben. Traurig, dass rassistische Auswüchse selbst am anderen Ende der Welt zur Tagesordnung gehören. Zum Schluss schauten wir uns noch die Insekten-Ausstellung des Museums an. Inklusive lebender Exemplare der meisten gifitgen, großen Spinnen Australiens. Für mich eine große Überwindung, da genauer hinzuschauen.  Das Museum hätte noch mehr zu bieten gehabt, wir hatten dann jedoch keine Zeit mehr.

An einem der nächsten Tage nahmen wir an einer sogenannten „Free Walking Tour“ teil, die täglich vor der Bibliothek im Stadtzentrum startet. Wie der Name schon sagt handelt es sich um einen kostenlosen Stadtrundgang, an dessen Ende jeder das als Trinkgeld geben kann, was er bereit ist zu geben. Wir wurden über 3 Stunden sehr gut unterhalten und haben Ecken gesehen, von denen wir vorher noch nichts wussten.

Da unser Zimmer in einem der angesagten Hipsterviertel Melbournes (Fitzroy) lag, nahmen wir dort auch einige Bars mit. Wir trafen uns in einer davon noch einmal mit Norman, einem deutschen Auswanderer in unserem Alter, den wir bei unserem letzten Aufenthalt über Karo und Michael kennen gelernt haben. Einen Abend verbrachten wir mit Omeid, einem afghanischen Kumpel von Norman. War echt schön, die Leute mal wieder zu sehen.

Nächster Stopp war Brisbane. Hierher kamen wir aus einem schönen Grund: unsere Freunde Darren und Nici haben ihren Nachwuchs zur Welt gebracht. Als wir die beiden im Januar verließen um nach Neuseeland aufzubrechen, war Nici noch hochschwanger. Nun konnten wir klein Addison persönlich begrüßen. Uns war ja gar nicht bewusst, wie viel Babys den ganzen Tag sabbern können. Trotzdem ist „Bubbles“, das ist ihr passender Spitzname, einfach putzig. Ein sehr ausgeglichenes, fröhliches Wurschtgewitter :-)

Mit den Dreien erlebten wir 2 entspannte Wochen. Wir genossen in erster Linie die herrlich milden Temperaturen und die Sonne. Monaten kühler Temperaturen in Neuseeland endlich wieder kurze-Hosen-Wetter! Wir wurden wieder mit Lamm und Minz-Sauce verwöhnt, hatten viel Zeit zum Ausschlafen und machten eine aufregende Entdeckung. Nici machte uns beim Gärtnern auf einen „Curlew“ (einheimischer Vogel) aufmerksam, welcher direkt vorm Gartenzaun stand. Auf den Zweiten Blick entdeckten wir 3, dass er sein Nest gegen eine Teppichpython verteidigte. Diese war mit geschätzt über einem Meter ziemlich groß aber gut getarnt. Zu guter Letzt gesellte sich noch ein „Currawong“ ( eine Dickschnabel- Würgerkrähe - kein Witz) dazu und zupfte die Schlange am Schwanz. Ein abgefahrenes Schauspiel. Irgendwann wurde es der Python zu doof - sie suchte sich ein lauschiges Plätzchen im Baum und verschwand. Australien ist ein einziger, riesiger Zoo und man muss nicht einmal lange in die Natur fahren. Mitten in der Stadt im Park entdeckt man Buschtruthähne, Opossums, Papageien, Ibisse, Kragenechsen und hunderte anderer Vögel und Tiere. Wir staunen jeden Tag aufs Neue.

Nach einer Woche intensiver Suche nach einem passendem Auto und einigen Reinfällen haben wir das für uns perfekte Auto gefunden. Ein Mitsubishi Challenger. Noch nicht zum Backpacker- Auto umgebaut, aber dafür ein Schnäppchen und in technisch einwandfreiem Zustand. Das ließen wir uns von Darren´s Mechaniker des Vertrauens bestätigen. Nun, da wir mobil aber knapp bei Kasse waren, luden wir ein Stellengesuch auf einer Kleinanzeigenseite hoch und bekamen prompt am gleichen Abend einen Anruf. John fragte uns, ob wir in Goondiwindi für ihn arbeiten möchten. Basti als Küchenhilfe ich als Kellnerin/Zimmermädchen/Spülhilfe. Dieses 6000-Seelen-Dorf befindet sich 4 h südwestlich von Brisbane. Die Landschaft um „ Gundy“ ( so nennen die Einwohner ihr Städtchen liebevoll) gibt einen Vorgeschmack auf das Outback. Die Landschaft wird zunehmend karger und Kakteen tauchen in der Landschaft auf. Aber auch hier ist die Fauna spannend. Während ich gerade schreibe rumpelt ein Opussum auf unserem Dach herum  (mir wurde gesagt, dass sie einen ordentlich erschrecken können) und schaut mich unschuldig durchs Badfenster an. Süsse, flauschige, freche Biester. Wir haben uns eine Wohnung gemietet. Sie ist möbliert, recht schäbig und alt aber nah an der Arbeit, günstig und wir haben alkoholabhängige aber superhilfsbereite, freundliche Nachbarn. Wenn man Hilfe braucht kann man sich immer an sie wenden.

Nun arbeiten wir wieder seit 2 Wochen und es ist nicht ganz so einfach. Grundlegend sind wir mit unseren Jobs und vor allem der Bezahlung zufrieden und Ende November ist diese Phase auch wieder vorbei. Es gibt aber einige Faktoren, die uns das Arbeiten etwas erschweren. Basti´s Chefkoch ist milde ausgedrückt ein Unsympath, der jeden Kollegen vergrault und deswegen Backpacker in die Küche gesteckt bekommt, weil die nicht lange bleiben. Momentan vergrault er seine Beiköchin und die Azubine. Die Beiköchin ist deswegen schon auf der Suche nach einer neuen Stelle. Überraschenderweise scheint er Basti zu mögen, weshalb er nahezu keine Beleidigungen, Schreitiraden und andere Respektlosigkeiten über sich ergehen lassen muss. Trotzdem ist die Stimmung in der Küche meist mäßig. Spass bei der Arbeit ist halt so eine Sache. Wir haben die erste Woche unglaublich viel lernen müssen. Nach ein oder zwei Mal erklären wurde erwartet, dass wir alles nahezu selbständig ausführen können. Bedeutet für Basti: Salate, Burger, Pizzen, Desserts und Wraps auswendig zubereiten, schnell schnippeln können und wissen, wo alle Zutaten stehen und hingehören. Kochausbildung in 3 Tagen also und dann bloß keine Fehler machen! Ich für meinen Teil musste, wenn es nach dem Koch ging, nach 2 Tagen 3 Teller tragen können und grundsätzlich schnell und fehlerfrei am Tresen Bestellungen aufnehmen, das Kassensystem beherrschen, Drinks mixen, kellnern und mir abends in der Bar dumme Sprüche von betrunkenen Australiern anhören. Die Frage ob es meine Unterwäsche zum Drink dazu gibt war noch eine der Charmanteren. Mein Aushelfen beim Teller Spülen hatte sich nach 3 Tagen erledigt, da sofort mein Ausschlag zurück kam. Trotz allem komme ich gut meinen Kolleginnen aus und nun macht es eigentlich Spaß. Wären da nicht die 2 neuen französischen Backpackerinnen. Ein Geschwisterpaar mit viel Selbstbewusstsein, schlechtem Englisch und keiner organisierten Arbeitsweise. Lassen sich nicht helfen, sich nichts sagen und bringen mich auf die Palme. Sie sind zu mir meist recht unfreundlich und sehr schweigsam und zu allen anderen zuckersüß. Die Abneigung ist wohl beidseitig. Aber da muss ich nun die nächsten 10 Wochen irgendwie durch. Wir haben uns die letzten Tage ab und an zurück in den Salon oder das Büro gewünscht. Mein Respekt vor gastronomischen Berufen ist unermesslich gestiegen. Wir haben aber auch schon erste Freundschaften geschlossen. Melike eine deutsche Backpackerin, die im Nachbar Pub arbeitet und Paul unsere französische Spülhilfe. So hat man während der wenigen Freizeit (wir arbeiten 6-7 Tage die Woche) auch etwas schöne Ablenkung.

Unser Auto haben wir mittlerweile auch auf Allrad-Tauglichkeit getestet. Von unserem Chefkoch haben wir eine Offroad-Strecke empfohlen bekommen, die wir an einem halben freien gemeinsamen Tag zusammen ausgecheckt haben. Was soll ich sagen, unser Mitsubishi hat mit Bravour bestanden und sich durch Schlammlöcher durchgegraben. Und da haben wir noch nicht einmal die höchste Allrad-Stufe am Getriebe auswählen müssen. Jetzt steht er schön schlammbespritzt vor unserer Tür und wartet auf den Einbau eines Bettes. Wir haben schon fleißig gemessen und Preise beim örtlichen Baumarkt eingeholt. In den nächsten Wochen werden wir alles Nötige kaufen und unser Auto fertig machen zum Campen.

Bei einem Spaziergang am Grenzfluss zwischen Queensland und New South Wales sind wir übrigens auch wieder auf wahnsinnig viele bunte und schöne Vögel (verschiedene Papageienarten und Pelikane) getroffen.

Da es hier absolut nichts an Freizeitaktivitäten gibt, was ich mir von meinen ortsansässigen Kolleginnen bestätigen lassen habe, besteht die Stadt offenbar aus Alkoholikern. Wenn man nicht fischen, jagen oder 4X4 fahren geht trinkt man schon morgens um 9 Uhr im Garten oder lässt Unsummen bei uns in der Bar und trinkt bevorzugt Bier und Rum-Cola. Da kann es schon passieren, dass man zur Belustigung Aller sein verschüttetes Bier vom Barteppich leckt.

Gestern Abend waren wir bei Melike daheim. Sie hat ein Zimmer in einem brandneuen Haus gemietet. Pool, Wintergarten, Grill, riesige Küche – alles da. Wir freuen uns schon auf die erste Pool-/Grillparty, wenn es in den nächsten Wochen wieder wärmer wird.

Unser Ziel in Goondiwindi – genug Geld sparen, um ab Dezember wieder für 5 Monate Reisen zu können. Es könnte uns in Anbetracht dieser Aussichten also deutlich schlechter gehen.

Wir sind gespannt, was uns noch so erwartet. Wir hoffen ihr seid es auch :-)

Eure Überlebenskünstler

Basti und Steffi